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Politische Spielchen im Konzern


Brisant: Führungsriege wird über Nacht aus System entfernt




Als ich Momo V. kennenlernte, arbeitete sie gerade als Personalleitung in einem Industrieunternehmen. Die gestandene Endvierzigerin wuppt neben der anspruchsvollen beruflichen Aufgabe noch Haus und Familie und ist zufrieden mit ihrem Leben.

Einige Zeit später wird sie von einem Großunternehmen abgeworben und fängt einige Monate später als Head of CSR an. Der neue Job fühlt sich an wie ein Sechser im Lotto. Ihre anspruchsvolle Position ist Schnittstelle zwischen Betriebsrat, Aufsichtsrat, Vorstand und Belegschaft.

Sie leitet zwei Teams und ist verantwortlich für 12 Mitarbeiter. Ihr Auftrag ist der inhaltliche und strategische Auf- und Ausbau der Abteilungen. Voller Eifer und Tatendrang startet Momo in ihrer neuen Funktion, die perfekt auf sie zugeschnitten scheint.

Wie so häufig im Leben kommt es manchmal anders als man denkt und einem lieb ist. Ihr Traum entwickelt sich zu einem Albtraum.




Was ist passiert?


Mir wurde nach fast sechs Monaten kurz vor Ablauf der Probezeit gekündigt.


Wie kam es zum Jobende?


Der Rauswurf erfolgte abrupt. Es gibt keine sachlichen Gründe. Meine beiden Abteilungen wurden zeitgleich aufgelöst. Meinen Mitarbeitern wurden untersagt, mit dem Betriebsrat zu kommunizieren. Sechs Stunden nach meiner Kündigung wurde meiner Vorgesetzten gekündigt.

Eine Woche später traf es den Personalleiter, der meine Kündigung formell mit vollzogen hatte. Es ging jedoch noch weiter. Nochmal vier Wochen später war der Konzernbetriebsratsvorsitzende weg und noch mal eine Woche später der Vorstand Personal.


Hat sich dein Jobende angebahnt?


Die Verhaltensweisen meiner direkten Vorgesetzten wurden immer abstruser. Sie hat sogar Kollegen aus anderen Abteilungen spät abends zuhause angerufen, um mich und mein Verhalten auszuspionieren.


Was ist deiner Meinung nach der wahre Grund?


Ein großes Politikum im Hintergrund: Compliance-Affäre, Steuerhinterziehung, Veruntreuung von Geldern – das „Übliche“ in einem Konzern.


Wie war der Ablauf der Kündigung?


Das Trennungsgespräch war kurz, knapp, emotionslos. Es wurden falsche Tatsachen behauptet: „Sie wurden gewarnt, haben noch eine Chance bekommen, Dinge besser zu machen…haben sich jedoch nicht daran gehalten.“


Wie hast du reagiert?


Ich blieb ruhig und emotionslos. Nach ein paar Stunden stieg in mir Hass auf.


Wurdest du freigestellt?


Ja, nach der Kündigung wurde ich sofort freigestellt und habe noch Geld für 3 Monate bekommen.











Was hast du als erstes gemacht, als du von deiner Kündigung erfahren hast?


Ich habe meinen Mann angerufen und dann mein Team informiert.


Wie war deine Chefin? Wie ist die Machtstruktur in der Firma?


Sie ist und bleibt eine Narzisstin. Zuerst schmierte sie mir Honig ums Maul und instrumentalisierte mich dann für ihre Belange. „Ober sticht unter“ war ihre Devise, die sie auch so ausgesprochen hat.

Das ist auch die „Kultur“ des gesamten Unternehmens – Angst und Demütigungen sind an der Tagesordnung. Der Betriebsrat fungiert als korruptes Organ. Mitarbeiter im Unternehmen verlieren ihre Seele und die Lust zu leben und zu arbeiten.

Man funktioniert einfach nur.


Hast du einen Tipp, wie man am besten mit Narzissten umgeht, um selber keinen Schaden zu nehmen?


Da habe ich leider nur einen einzigen Tipp: Nimm Deine Beine in die Hand und renne so schnell du kannst!


Was hilft, derartige Krisen im Leben zu meistern und nicht daran zu zerbrechen?


Klingt komisch, ist aber so: Die Liebe! Die Liebe zu sich selbst, seinen Kindern, dem Partner – der gesamten Familie. Auch wenn man das ‚Große Ganze‘ letzten Endes mit sich selbst ausmachen und wuppen muss.


Wer in deinem Umfeld war wie von deinem Jobende betroffen?


Alle meine Mitarbeiter waren betroffen. Sie waren geschockt, wussten auch selbst Monate danach nicht, wie es mit ihnen weitergeht.


Konntest du dich von deinem Team verabschieden?


Nein, wir wurden alle vor vollendete Tatsachen gestellt.


Wie war die Kommunikation im Team?


Mit dem einen Team war die Verbindung anfangs noch sehr eng. Mittlerweile habe ich nur noch zu 2 ehemaligen Mitarbeitern Kontakt. Bei dem anderen Team hat man ganz deutlich deren Angst gespürt. „Wenn wir jetzt den Mund aufmachen, wird uns auch noch gekündigt.“


Wer oder was hat dir in der Situation geholfen?


Ich mir selbst.


Hast du dich persönlich durch diese Erfahrung verändert?


Aktuell habe ich keine Lust mehr auf eine Festanstellung.






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Was würdest du heute anderen raten, die in eine solche Situation kommen?


Bei dieser Absurdität kann man niemandem etwas raten. Man kann nur beten, dass es einem nicht widerfahren möge.


Bist du eher jemand, der die Dinge mit sich selber ausmacht?


Ja, absolut.


Der Gang zum Arbeitsamt: wie war das für dich?


Nicht schlimm, einfach nur lästig.


Welche Werte sind dir in der Berufswelt wirklich wichtig? Was geht gar nicht?


Wichtig sind mir vor allem Menschlichkeit, Wertschätzung, Förderung der Vielfalt, ein offenes Ohr für die Mitarbeiter und für andere da zu sein.

Was absolut gar nicht geht ist Mobbing, Menschen fertig zu machen, nach dem narzisstischen Prinzip meiner ehemaligen Vorgesetzten zu leben und zu handeln, Mitmenschen krank machen und versuchen sie zu brechen.


Wo stehst du jetzt, ein halbes Jahr später?


Ich bereite meine Selbstständigkeit vor.


Was konntest du bislang noch nicht loslassen?


Das einzige, was mich ab und an noch wurmt, ist die Frage, wie gerade ICH auf diese kranken Menschen reinfallen konnte – zu viele ihrer Art habe ich bereits kennenlernen müssen.


Ich wurde gefeuert – zum Glück! Was ist dein Glück?


Dass ich mich wieder selbstständig mache und meine Erfüllung im Leben finde.   



 

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